Die 10 Gebote zu YouTube-Videos
1. Gebot: Glaube alles, was du im Internet siehst.
Wer ein Handy bedienen und damit wackelige Videos produzieren kann, ist schon deshalb ein Experte. Und kann er/sie das auch noch hochladen, dann muss man einfach fachlich top sein. Ein guter Hinweis, dass der „Produzent„ sich die Sache auch wirklich überlegt hat, ist der Filmset. Wozu soll man den Saustall, der im Hintergrund sichtbar ist, aufräumen? Es zeigt ja nur, dass der Produzent ein uriger Typ ist. Greenscreen oder sonstige Raffinessen sind etwas für Weicheier, die sonst nichts zu vermitteln haben.
2. Gebot: Schau dir die Videos nur an.
Schau dir die Videos nur einmal an. Das bleibt sicher im Unterbewusstsein hängen. Das auch selbst zu probieren, ist reine Zeitverschwendung. Wenn du das nächste Mal schießt, fließt das automatisch in den Schussablauf ein.
3. Gebot: Orientiere dich an Äußerlichkeiten.
Kann jemand 120 Pfund ziehen, muss er ein Experte sein. Es käme ja sonst niemand auf die Idee, sich die Schulter oder sonst was zu ruinieren, als einer der von der Sache etwas versteht. Dass damit keine saubere Technik zu bewerkstelligen ist, darf dabei für dich keine Rolle spielen.
Auch ein Gewandeter, der den Kleiderschrank von Robin Hood auswendig kennt, muss ein Experte sein. Robin hätte die Goretex-Schuhe sicher auch gerne getragen, hätte den Online-Versand „Wish„ sicher auch bevorzugt.
4. Gebot: Survival-Videos sind am besten.
Wer auf Überlebensvideos spezialisiert ist und dabei ein einziges Video zum Bogenschießen macht, ist natürlich auch hier Experte. Dass das Equipment nix ist: geschenkt, dass die Technik nicht stimmt: geschenkt. Aber es schaut halt so urig aus. Und probieren kann man es ja mal. Dieser Typ im Video trifft ja auch immer. Nachdem er geschossen hat, werden die Treffer angezeigt. Alle in der Mitte! Was willst du mehr?
5. Gebot: Zugriffszahlen sind das Wichtigste.
Hat jemand viele Aufrufe muss er/sie gut sein. Schau also nur darauf. Was gezeigt wird, muss also sensationell sein. Da spielt es auch keine Rolle, dass man die Technik oder das Bogensetup so noch nie gesehen hat.
Wenn der Pfeil vorne 25 Zentimeter raussteht, wird das schon seine Gründe haben. Also lass auch deine Pfeile in Originallänge. Man weiß ja nie, wann sie brechen. Und lange Pfeile kann man wieder verwenden, auch wenn sie öfter brechen. Und wenn die Hand beim Lösen extrem zur Seite geht, musst du es unbedingt nachmachen. 10.000 Follower können sich ja nicht irren.
6. Gebot: Glaube den zustimmenden Kommentaren.
Viele Daumen nach oben bedeuten Zustimmung. Auch wenn du nicht gut Englisch kannst, lies dir trotzdem die Kommentare durch. Sofort sieht man, dass die Seher auch vom Fach sind. Wenn das „Wegwerfrelease„, auch „Winkrelease„ genannt, in den höchsten Tönen gelobt wird, muss es ja gut sein. Also nix wie raus und die Hand beim Lösen zur Seite geworfen; je weiter, desto besser. So 20 bis 30 Zentimeter sind sicher optimal.
7. Gebot: Ändere pausenlos deine Technik.
Hat man ein tolles Video gesehen, muss man das natürlich umsetzen. Und wenn man was Neues sieht, muss es sofort geändert werden. Man ist ja flexibel. Je mehr Varianten man kann, desto besser. Das ist wie im Fußball: Mal Viererkette, mal Dreierkette und mal ein Eigentor (sorry, war etwas böse).
8. Gebot: Vergleiche nie das Gesagte mit dem Gezeigten.
Wenn jemand im Video etwas erklärt, wird es normalerweise hinterher auch gezeigt. Sollte das Gezeigte nicht mit dem vorher Erklärten zusammenpassen, ist es wohl schlecht erklärt worden. Eine Wort-Bild-Schere sollte man nie hinterfragen. Nur das Gezeigte ist wichtig. Auf das kommt es an.
9. Gebot: Nimm beim Nachmachen keine Hilfsmittel.
Obwohl jedermann ein Handy hat, sollte man es für Trainingszwecke nicht verwenden. Man weiß ja nie, wo die nächste Steckdose ist. Und wozu sollte man sich selbst filmen und das mit dem Gezeigten vergleichen? Das hat man doch im Gefühl, dass es fast deckungsgleich aussieht.
10. Ups:
Die Bogen-Schöpfungsgeschichte war offensichtlich beim 9. Gebot schon zu Ende.