BS-Geschichte - Teil 3

von Michael Unterberger

Teil 3: Neue Materialien im Bogensport


Der 2. Weltkrieg ging zu Ende und ein neues Bogenzeitalter begann, es sollten die goldenen Jahre des Bogensports werden. Neue Materialien wie Aluminium und Fiberglas mussten nun nicht mehr für die Rüstung verwendet werden.

Fiberglas, Aluminium und die Massenfertigung

Im Jahr 1941 waren flexible Glasfasergewebe entwickelt worden und kurz darauf begann man auch im Bogenbau damit zu experimentieren. Frank Eicholtz war einer davon und Harry Drake, ein bekannter Flight-Bogenschütze, setzte Composite-Bögen ein - ein Quantensprung im Bogensport. 1946 kam dann serienmäßig der erste Bogen mit Fiberglasverstärkung heraus, bereits 1954 wurde Fiberglas für die meisten Bögen verwendet und in den 60er Jahren gab es praktisch keine reinen Holzbögen mehr.

Anstelle von Eibe, die die Hitze bei der Verleimung nicht vertrug, begann Eicholtz Ahorn zu verwenden. Howard Hill lernte Eicholtz 1946 in San Diego kennen und ließ „Grandma“ mit Fiberglas belegen. Er war so begeistert, dass er auch alle seine anderen Bögen belegen ließ. Der Einsatz minderwertigen Fiberglases während Eicholtz' krankheitsbedingter Abwesenheit, beendete seinen ersten Versuch damit Geld zu verdienen. Später probierte er es in einem zweiten Anlauf mit Fiberglaspfeilen („Microflite“), die es mit Spinewerten von 0 bis 12 gab. Obwohl diese Pfeile sogar von bekannten Bogenjägern wie Swinehart geschossen wurden, sollten sie auf Dauer keinen Erfolg haben. Sein Partner Georg Gordon starb bei einem Autounfall und die Patente waren nicht gut gesichert. Doch nicht nur Eicholtz verwendete Fiberglas, auch Fred Bear meldete 1946 ein Patent auf Glasfiber belegtes Bogenbacking an.

Ben Pearson Archery und Bear Archery waren bereits gegründet und 1942 war Hoyt Archery von Earl Hoyt Jr. mitbegründet worden. Doch zunächst war es Ben, der als Erster die Massenproduktion von Bögen realisierte, wodurch Bögen erschwinglich wurden, was ein Grund der steigenden Popularität des Bogenschießens war. Auch Bear Archery begann 1947 nach der Umsiedlung nach Grayling, mit der maschinellen Massenfertigung. Doch Fred Bear musste zunächst einen hohen Preis zahlen, denn sein berühmter Bogenbauer Nels Grumley ging trotz guten Angebots nicht mit, weil dieser der Meinung war, dass gute Bögen handgefertigt sein müssen. 1948 brachte Hoyt Archery den ersten Bogen mit Overdraw und mit einem anatomischen Griff heraus.

Zwischen 1949 und 1951 begann Bear Archery Laminate aus Aluminium, welche von verschrotteten B-17 Bombern stammten, in die Bögen einzuarbeiten. Aluminium brachte zwei Probleme mit sich - es ergab viel Handschock und führte zu Delaminierungen und damit zum Bogenbruch. Die Garantie von Fred Bear, alle gebrochenen Bögen zurück zu nehmen, brachte die Firma in finanzielle Bedrängnis. 1950 galt Ben Pearson als der weltweit größte Bogensport-Ausrüster. Mit 300 Mitarbeitern wurden einige hundert hochwertige Bögen und 12.000 Pfeile pro Tag erzeugt. Er war mittlerweile auch mit Howard Hill befreundet, welcher seinen neuen Glasfiber belegten, zweiteiligen Take Down Bogen #306 bewarb (Pearson hatte bis 1958 für seine Bögen keine Namen, sondern nur Modellnummern).

1951 begann die Zeit der Deflex-Reflex-Bögen, eine Form, die bereits in den 30er Jahren entstanden war. In England wurden damals noch viele Langbögen aus Stahl geschossen, 10 Jahre später waren diese auch dort verschwunden. 1951 wurden die ersten Naturfedern durch Plastikvanes ersetzt und 1952 baute Glenn St. Charles den ersten Recurve mit aktiven Wurfarmen, den Thunderbird. Er war Bear Archery Händler aus dem Westen und überließ Fred Bear zwei Exemplare und die Herstellung. Bear Archery brachte darauf den Kodiak II heraus.

Die Massenproduktion vieler Firmen brachte den Wunsch nach Reglementierungen in der neu entstandenen Bogenindustrie. 1953 gründeten 45 Bogenhersteller und Händler, wie Fred Bear, Hugh Rich, Bob Lee und anderen die AMADA (Archery Manufacturers and Dealer Association). 1965 benannte sie sich in AMO um und gab viele Normen heraus, die auch heute noch gelten. Später wird die Organisation nach Minnesota umziehen und 2002 den heutigen Namen ATA erhalten.

1956 wird von Hoyt der „Pistol grip“ entwickelt, und gegen Ende der 50er-Jahre entsteht die „Monobloc“-Bauweise, mit einem relativ dicken Mittelstück (One-Piece). 1961 entwickelt Hoyt den ersten Stabilisator („Torque stabalizer“), welcher jedoch noch nichts mit den langen Stangen von heute zu tun hat, sondern zwei kurzen Zapfen zwischen Mittelteil und Wurfarmen gleicht.

Mit der Bogenindustrie kam auch das Geld für Wettkämpfe. 1958 starteten das Turnier von Fred Bear und das „Ben Pearson Open“, eine Tour welche bis 1967 jährlich durchgeführt wurde. 1962 beschäftigte Ben Pearson Inc. bereits 500 Vollzeitbeschäftigte und täglich wurden nun 3 000 Bögen und 36 000 Pfeile produziert. Ben bewarb seine Bögen jedoch nicht nur bei Turnieren, sondern auch für die zunehmende Bogenjagd. So schossen Swinehart und Negley in Afrika mit Ausrüstungen von Pearson. 1967 zog sich Ben Pearson aus dem Bogengeschäft zurück, verkaufte seine Firma und starb vier Jahre später. Nach seinem Tod wurde die Firma noch einige Male verkauft und ist heute nur mehr ein Schatten seiner damaligen Tage. Nach Auskünften von Bens Enkel schreibt sein Vater gerade an Bens Biographie.

Aber es gab auch noch andere bekannte Bogenfirmen in dieser Zeit. Bob Lee gründete 1951 seine Firma Wing Archery und wurde durch seine Red Wing Hunter-Modelle bekannt. 1963 brachte er mit dem „Presentation II“, den ersten laminierten 3-teiligen Take-Down Bogen heraus. Er war die Basis für das Bogendesign Anfang der 70er Jahre. 1968 war Wing Archery die drittgrößte Bogenfirma und Lee verkaufte sie an Head Ski. Im gleichen Jahr verkaufte auch Fred Bear seine Firma, blieb allerdings Präsident von Bear Archery. Damon Howatt gründete 1943 seine gleichnamige Firma und war Ende der 50er Jahre einer der ganz Großen. 1965 starb er an den Folgen eines Unfalls. Heute gehört die Firma „Damon Howatt Archery“ zu Martin Archery und produziert deren traditionelle Lang- und Recurvebögen. Martin Archery selbst wurde 1951 von Gail und Eva Martin gegründet. In der 3. Generation produzieren sie heute hauptsächlich Compound Bows. Bekannt aus jener Zeit sind aber auch Henry A. Bitzenburger für Fletch-Material und Rollin Bohning, ein Chemiker, der 1946 Klebematerial für Pfeilspitzen und Federn entwickelte.

Bis Mitte der 50er Jahre wurde ohne Pfeilauflage geschossen, mit dem Fiberglas wurde das Schießen vom Shelf möglich und damit Centershots. Der Durchschnittsschütze hatte schlagartig eine Leistungssteigerung aufgrund des neueren Materials. Mit den Kunststofffedern wurden verschiedene Arrow Rests eingeführt.

Doch nicht nur der Bogen veränderte sich, die Pfeile wurden aus dem leichten Aluminium erzeugt und die einzelnen Pfeile waren viel exakter und genauer aufeinander abgestimmt. Er galt als der perfekte Pfeil und war bei Scheibenschützen und Bogenjägern gleichermaßen beliebt. Easton hatte durch diese Entwicklung die nächsten 50 Jahre revolutioniert. Die Nachfrage stieg so an, dass Doug Easton 1956 seine ersten beiden Vollzeitangestellten hatte, 34 Jahre lang war es praktisch ein Ein-Mann-Betrieb gewesen. 1957 freundete auch er sich mit Howard Hill an, der in der Nähe wohnte, und sie begannen einen schweren Pfeil für die Jagd zu entwickeln. Doug Walker schoss jenen Puma, der für die Werbung für diesen Pfeil, den 2219 SRT, verwendet wurde. Doug Walker arbeitete zunächst für Fred Bear und gründete den Western Bowhunter (später National Bowhunter) und die Bowhunter Hall of Fame (BHOF). 1958 brachte Easton den XX75 auf den Markt, der bis heute meistverkaufte Pfeil, und 1966 kommt der noch stärkere X7 heraus. 1960 war Jim Easton in das Geschäft seines Vaters eingestiegen.

Das Jagen mit dem Bogen
Die Brüder Thompson, Pope und Young und andere gingen mit Bogen auf die Jagd. 1925 hatte Howard Hill sein erstes Jagderlebnis mit Langbogen auf Großwild und schoss in Kanada seinen ersten Hirschen. Zunächst wurden Bogenjäger bei der Jagd nur geduldet, 1931 in Wisconsin erlaubt und 1934 gab es dort die erste eigene Bogenjagdsaison, gefolgt von Michigan 1936. Howard Hill begann Ende der 30er Jahre neben Filmen über Trickschüsse, auch Jagdfilme zu produzieren.

Das steigende Interesse auch auf größeres Wild ließ 1940 die NFAA den „Art Young Big Game Award“ einführen. Dabei musste man ein Tier aus dem Bereich des Big Game schießen. Dass die Bogenjagd nicht so einfach war, bewiesen die Zahlen, da im Jahr 1941 es gerade einmal acht erfolgreiche Bogenjäger in Wisconsin gab (einer davon war Fred Bear). Da sich also herausgestellt hatte, dass die Jagd auf große Tiere ein schwieriges Unterfangen war, wurde 1944 auch der "Art Young Small Games Award" eingeführt. Dafür musste man innerhalb eines Jahres sechs kleine Tiere schießen.

1942 beginnt auch Fred Bear mehrere kleine Jagdfilme zu drehen. Howard Hill geht 1949 nach Afrika und versucht sich als Erster seit Pope und Young in der Bogenjagd. Drei Jahre später kommt dann darüber der Film Tembo in die Kinos und wird in 57 Ländern aufgeführt. Der Film stand später unter Kritik, weil scheinbar einige Tiere angekettet waren und der Elefant bereits mit Gewehrschüssen in die Knie gezwungen worden war. Fred Bear folgte 1955 mit seiner ersten Safari und verbrachte die kommenden Jahre damit, weitere kurze Jagdfilme in Afrika, Kanada und Alaska zu produzieren, die als Werbung für seine Produkte dienten und die er in seinen Katalogen zum Kauf als 16 mm-Filme anbot. Ben Pearson ging ins Fernsehen und produzierte ebenso Ende der 50er Jahre verschiedene Jagdfilme, wobei man ihn und Freunde, darunter auch Howard Hill, bei der Jagd sieht. Die DVD kann man heute bei seinem Enkel im Internet erwerben.

Von den Filmen inspiriert, begannen viele Bogenjäger ebenfalls die Jagd auf große Tiere, deren Jagdmethoden waren aber manchmal sehr zweifelhaft. Deshalb wurde 1959 von der NFAA die "Fair Case Rule" für das Big Game eingeführt, die verbietet, dass Tiere auf "unfaire" Art und Weise erlegt werden durften.

1961 wird von Glenn St. Charles der Pope & Young Club als Gegenstück zum Boone & Crockett Club der Gewehrjäger gegründet. Der Boone & Crockett Club war 1887 vom späteren US-Präsidenten Theodor Roosevelt geschaffen worden. Beiden Clubs gemeinsam ist es, dass sie für eine faire Form der Jagd eintreten und für eine Jagdregulierung sind. Beide Clubs führen Aufzeichnungen über "besondere" Abschüsse, die in Rekordbüchern herausgegeben werden. Die Tiere werden dabei nach bestimmten Punkten bewertet. Bei diesen "Weltrekorden" handelt es sich um eine Trophäenjagd, also um einen Wettstreit von Jägern das jeweils größere Tier zu töten. (1999 gründet dann Glenn St. Charles auch die Compton Traditional Bowhunter als Gegenstück für traditionelle Bogenjäger.) 1964 wurde von der NFAA der fünfstufige Bowhunter Award eingeführt, bei dem die Anzahl der Big and Small Games gezählt werden. Im gleichen Jahr startete Fred Bear seinen Werbefeldzug „Two Season Hunters“, in dem er Gewehrjäger dazu zu bringen versuchte, auch mit dem Bogen zu jagen. Das alles hatte Erfolg.

Der Wettkampf, als erstes die Big Five (Elefant, Nashorn, Büffel, Leopard und Löwe) mit Bogen zu schießen, war entbrannt. Zuvor hatte es bereits Howard Hill 1950 versucht, war jedoch am Nashorn gescheitert und musste beim Versuch gerettet werden. 1966 gelang es Bob Swinehart, wenige Monate vor William Negley. Swinehart nahm sich 1982 das Leben und 1983 kamen Zweifel auf, auf welche Art diese fünf geschossen worden waren.

Der Konflikt zwischen Freestyler und Bowhunter
Die NFAA wurde ursprünglich von Bogenjägern für Bogenjäger geschaffen, welche sich selbst als Instinctive Archers bezeichneten. Doch da gab es noch die Turnierschützen (Freestyler), die ebenso am Feldbogensport Gefallen fanden und Feldbogenturniere gewinnen wollten. Die Bogenjäger hatten eine möglichst einfache, aber schwere Ausrüstung, Zielhilfen waren für die damalige Zeit viel zu zeitaufwendig für die Jagd. Anders die Ausrüstung der Turnierschützen, die z.B. in Gewicht und Zugkraft deutlich unterschiedlich war.

Bis 1948 wurde nur in der Instinctive Division geschossen. Jede Form des Zielens war unter den Instinctive Archers unerwünscht. Im Jahr davor war von der NFAA allerdings erlaubt worden, mit einer Markierung zu zielen. Darauf hin verließen viele Instinktivschützen die NFAA, da es zu einem Machtkampf zwischen beiden Gruppierungen gekommen war. Um diese Gruppe zu halten, wurde 1949 die Animal Round eingeführt, eine Runde auf Tierbilder, die zunächst mit Broadheads geschossen wurde. Im Jahr darauf wurde dann auch in zwei Klassen geteilt, in die Freestyle Division mit allen Zielhilfen und die Instinctive Division mit den Blankbögen. Wer glaubte, dass nun die Probleme ausgeräumt waren, hatte sich getäuscht. Eigentlich waren die Blankbögen als "instinktive Jagdbögen" gedacht. Doch da setzte eine neue Zieltechnik ein, das String Walking. Nun war es möglich, auch ohne Visiereinrichtung zu zielen, d.h. je nach Entfernung wurde die Zughand auf der Bogensehne tiefer gesetzt, ohne den Pfeil von seinem Nockpunkt zu entfernen.

Bis zum Jahr 1956 stand die NFAA vor der Situation, dass "Light" Archery Tackle die Bewerbe dominierten, das hieß, dass leichte Pfeile und Bögen die Heavy Tackle vertrieben hatten, also wieder die Bogenjäger. Wieder wurde geteilt in die Barebow (Blankbögen) und in die Heavy Tackle - später als Bowhunter bezeichnet. Die Bogenjäger traten mit ihrer Jagdausrüstung an, mussten jedoch ihre Broadheads gegen gleich schwere Feldspitzen tauschen, wodurch es zu einer Regelung kam, dass die Feldspitzen der Männer mind. 125 gn, die der Frauen mind. 100 gn haben mussten. Um das "instinktive" Schießen zu bewahren, wurde der Fingerkontakt mit dem Pfeil vorgeschrieben. Durch den Fingerkontakt zur Pfeilnocke war das String Walking nicht mehr möglich. Das "instinktive" Schießen war bewahrt worden, ... hatte man geglaubt. Lon Stanton und Jim Bell brachten eine weitere Zielart auf. Der Finger blieb beim Pfeil, aber der Ankerpunkt im Gesicht wurde verändert (heute bekannt unter der Bezeichnung "Face Walking"). Auch diese wurde schließlich in der Bowhunter Division verboten, indem ein fixer Ankerpunkt vorgeschrieben wurde.

Die Lage zwischen Freestyle und Instinctive spitzte sich weiter zu und es ging darum die Vormachtstellung in der NFAA zu bekommen, die mit unterschiedlichen Funktionären vertreten war. 1959 wurden die runden Zielflächen bei den Tierbildern auf der Animal Round auf ovale umgestellt, nachdem viele Bogenjäger einwarfen, kein Tier hätte eine runde Zielscheibe auf der Seite des Körpers, und es zählte der ganze Körper als Treffer, nicht aber die Beine. 1968 wird auch die Hunter Round eingeführt, da die Field Round mittlerweile ja bekannte Entfernungen hatte.