Wurfarm-Bewegung bei Langbogen und Recurve
Wie schnell ist dein Bogen? Das ist oft die erste Frage, die man gestellt bekommt. Die Geschwindigkeit hängt in erster Linie von der Konzeption ab, die hinter dem Bogendesign steht. Erfahren Sie mehr über die interessanten und vielleicht in dieser Weise nicht erwarteten Zusammenhänge zwischen der Bewegung der Wurfarmspitze und der Pfeilgeschwindigkeit. Ein Recurve ist grundsätzlich schneller als ein Langbogen. Und ein Hybrid Langbogen langsamer als ein Recurve.
Die meisten Bogenschützen interessiert, wie schnell der eine oder andere und nicht zuletzt ihr Bogen wirft. Aber wovon hängt es ab? Natürlich hängt es von zahlreichen Faktoren ab und die Darstellung aller Zusammenhänge würde ein Buch füllen. In diesem Beitrag wollen wir einen etwas näher betrachten. Nämlich den Zusammenhang zwischen der erzielbaren Pfeilgeschwindigkeit mit der Geschwindigkeit, mit der sich die Wurfarmspitzen beim Zurückschnellen der Wurfarme bewegen.
Am Beispiel eines sehr einfachen Langbogens soll das hier dargestellt werden. Der Bogen ist 68 Zoll lang, hat 50 Pfund Zuggewicht bei 28 Zoll Auszug und 6 Zoll Standhöhe. Die Sehne ist eine 12-Strang B50-Dacronsehne und das Pfeilgewicht beträgt 500 Grain, was 10 Grain/Pfund entspricht. Gemessen wurden die Zeit, die Pfeilgeschwindigkeit, die Geschwindigkeit der Tips und die Dehnung der Sehne.
Bild 1, 2 und 3
Interessant ist dabei, dass die Tips ab etwa der Hälfte der Strecke langsamer werden, der Pfeil bis zum Schluss aber schneller wird.
Je weniger ein Bogen Vorspannung hat, desto früher beginnen die Tips langsamer zu werden, was sich auch auf die Endgeschwindigkeit auswirkt. Ein dynamischer Recurve muss nicht mehr Vorspannung haben. Die Dynamik hängt vom Biegewiderstand im Curve ab. Ein arbeitender Recurve hat gegenüber einem statischen Recurve den Vorteil, dass er weniger Masse hat und dass er sich daher im Endzug öffnet. Dadurch wird zwar der Sehnenwinkel schlechter (was negativ zu Buche schlägt), aber im Schuss bewegen sich die Wurfarmenden zusätzlich und geben die gespeicherte Energie wieder an den Pfeil ab. Schlussendlich ergibt sich daraus ein Bonus. Beim Schuss bewegen sich seine Enden schneller nach vorne als bei einem Langbogen, weil sie sich zusätzlich auch noch einrollen.
Verlässt der Pfeil die Sehne, bewegen sich Tips und Sehne noch weiter nach vorne. Eine Dacronsehne ist dehnbar. Bei so einer Sehne, die sich ja auch dehnt, ist die Bewegung nach vorne wesentlich größer. Das hat zu Folge, dass der Bogen etwas stärker nachschwingt. Auch eine Fastflight-Sehne wird noch etwas nach vorne gehen, aber nicht so stark. Dafür muss die Restenergie vermehrt von den Wurfarmen aufgenommen werden. Ein Recurve federt dies mit dem Wurfarmende ab, ein Langbogen wird viel abrupter abgebremst, wodurch das Material viel stärker belastet wird. Es kann bei zu niedrigem Pfeilgewicht auf Kosten des Schießkomforts gehen. Abhelfen kann man diesem Nachschwingen mit Sehnendämpfern. Sie werden zwar die Bewegung der Wurfarme nach Verlassen des Pfeils nicht verhindern, die Vibrationen nachher werden aber verringert.
Die größte Belastung der Sehne tritt erst auf, nachdem der Pfeil die Sehne verlassen hat und diese die Restenergie des Bogens auffangen muss. Diese wird umso höher sein, je leichter der Pfeil ist. Sie ist mit 127,3 Pfund in unserem Beispiel beinahe 2,6-mal größer als das Zuggewicht.
Bild 4
Das Bild zeigt das Verhältnis der Bewegung der Tips zur Bewegung des Pfeils. Zieht man den Bogen 1 Zoll, so bewegen sich die Wurfarme nur 1/8 Zoll. Das Verhältnis ist also hier 8 : 1. Bei Fastflight-Sehnen dürfte das Verhältnis bei 13:1 liegen (A).
Im letzten Zoll des Auszugs ändert sich das Verhältnis und es liegt bei dem verwendeten Testbogen mit 0,56 Zoll nur mehr bei 1,8 : 1 (B).
Schießt man nun den Pfeil, wirkt sich das folgendermaßen aus. Wie bei einem Auto startet man mit einem niedrigen Gang (1,8 : 1). Das Verhältnis wird immer besser, was sozusagen einem höheren Gang (8 : 1) entspricht.
Je besser das Übersetzungsverhältnis, umso höher wird die Wegausbeute des Pfeils im Verhältnis zur aufzuwendenden Energie. Das heißt: ein vergleichsweise langsamer werdendes Wurfarmende kann die Pfeilgeschwindigkeit noch maßgeblich steigern. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Wurfarme schon am Beginn der Biegung möglichst viel Energie gespeichert haben.
Die Größe des Verhältnisses hängt von der Geometrie des Bogens ab. Ein arbeitender Recurve hat auch hier ein wesentlich besseres, also höheres Verhältnis. Beim Auszug rollt sich der Recurve auf und beim Schuss rollt er sich zusätzlich noch ein. Damit wird mehr Energie in den Pfeil und weniger in die Wurfarme abgegeben. Je stärker der Recurve bei einem Bogen ist, desto größer ist auch dieses Verhältnis. Bei einem Reiterbogen mit starren, nicht arbeitenden Wurfarmenden ist das Verhältnis weniger gut.
Bild 5
Die statische Auszugskurve beim Auszug (blaue Kurve) verläuft im Bild von links nach rechts. Die dynamische Kurve beim Abschuss (rote Kurve) muss man von rechts nach links betrachten.
Vergleicht man die beiden Kurven, kann man feststellen, dass beim Abschuss die Kraft, die auf den Pfeil wirkt, zuerst abfällt (C). Das liegt daran, dass Wurfarme zum Beschleunigen sehr viel Energie brauchen. Erst in der Mitte der Strecke ändert sich das. Nun wird die Energie, die auf den Pfeil wirkt, verlangsamt (D).