Vor einer Meisterschaft


Tipp 1: Kenne die Regeln


Immer wieder muss ich als Teilnehmer, aber auch als Ausrichter eines Sternturniers (100% regelkonformen Turnier in Österreich), feststellen, dass oft auch erfahrene Schützen die einfachsten Regeln nicht kennen, bzw. falsch auslegen. Viele kennen die Regeln nur vom Hörensagen. Da gab es doch tatsächlich eine Österreichische Meisterschaft nach IFAA, wo ein Schütze geglaubt hat, dass nach den Regeln der WA geschossen wird. So schlimm ist es Gott sei Dank nicht bei allen. Viele gehen aber dennoch mit dem Wissen, das sie auf Hobby- oder Gauditurnieren erworben haben, zu solchen Meisterschaften.

Der ÖBSV stellt auf seiner Website (www.oebsv.com) die deutsche Übersetzung der Regeln zur Verfügung. Auch auf der Seite www.traditionelles-bogenschiessen.at gibt es eine Kurzanleitung. Grundsätzlich gelten aber die englischen Originalregeln. Man sollte daher die Regeln irgendwo in Reichweite haben. Ich hatte sie immer im Rucksack mit dabei.

Ein wichtiges Thema ist hier auch „Proteste„. Man sollte wissen, wie man bei einem Streitfall einen Protest einbringen kann und wie und was man bei der „Verhandlung„ zu tun hat. Bei internationalen Bewerben ist die Sprache Englisch.

Tipp 2: Checke und teste deine Ausrüstung


Nicht einmal habe ich erlebt, dass die Bögen bei der Bogenkontrolle nicht in der gewünschten Klasse zugelassen worden sind. Vor allem bei den Langbogen gab es immer wieder Diskussionen. Das heißt, dass man die Ausrüstung genau nach den Richtlinien zu Hause auch testen sollte. Dazu gehören vor allem: Bogen, Pfeile, Spitzen, Fernglas und Aufzeichnungen.

Auch war die Ausrüstung, obwohl schön, nicht tauglich. So ist es mir passiert, dass ich 24 Pfeile für eine WBHC hergerichtet habe. Weil´s besonders schön sein sollte, habe ich Wraps verwendet. Was ich nicht bedacht habe war, dass der Kleber auf dem Kunststoff nicht gehalten hat. Bei jedem Schuss löste sich mindestens eine Feder. Mein Glück war, dass meine Reservepfeile auch gut sind und ich mit diesen acht Stück das Turnier geschossen habe. Ähnliches ist mir mit den Pfeilspitzen passiert. Da wurde auf sehr harte Scheiben geschossen und viele Spitzen sind abgegangen. Und nach jeder Scheibe die Pfeile zu reparieren ist auch nicht lustig.

Tipp 3: Übe deine Schwächen

Bei Meisterschaften der IFAA sind sehr oft weite Distanzen zu schießen. Auch gibt es in Österreich bei solchen Events viele Bergauf- und Bergabschüsse. Viele haben gerade hier Schwächen. Wer also gut vorbereitet sein möchte, sollte herausfinden, wo er Schwächen hat und diese dann gezielt üben.

Für weite Distanzen könnte man überlegen, ob man nicht bei solchen Scheiben auf Systemschießen umsteigt. Das muss man allerdings im Vorfeld üben. Auch kann man sich für Bergauf- bzw. Bergabschüsse gewisse Taktiken überlegen. So könnte man scheuen, bei welchen Entfernungen man zu hoch schießt und dann dementsprechend tiefer zielen.

Tipp 4: Schieße unter Wettkampfbedingungen

Am Parcours zu schießen macht Spaß. Viele schreiben auch ihre Ergebnisse mit. Oft geschieht es aber, dass es nicht so läuft und man hört auf, die Punkte zu zählen. Hier sollte man konsequent schauen, dass man aus dem „Loch„ auch im Training wieder herauskommt.
Ich habe in solchen Situationen Folgendes gemacht: Ich habe mich nur mehr auf meine Technik konzentriert und die Punkte nicht mehr betrachtet. Damit habe ich meinen Fokus nach innen, also zu mir selbst, verschoben. Das Treffen-Müssen tritt dabei in den Hintergrund. Damit kann man sich unter Umständen aus einem Tief wieder herausarbeiten.

Tipp 5: Schieße regelkonforme Turniere in der Vorbereitung

Ein Spaßturnier zu schießen ist schön, keine Frage! Da geht es aber sehr – sagen wir mal vorsichtig – sehr ungenau zu. Da wird schon mal übertreten, da wird schon mal eine höhere Wertung geschrieben (… danke, dass du mir den gibst …), da werde die Regeln des Öfteren sehr kreativ ausgelegt. Der Grund ist, dass es hier eigentlich keine Regeln gibt (außer einer allgemeinen Sicht – so macht man das eben) und dass sehr wenige Teilnehmer darauf beharren, Regeln einzuhalten.

Das ist bei Meisterschaften anders. Hier kann man ohne weiteres einen Kollegen haben, der ohne Rücksicht auf der 100-prozentigen Einhaltung der Regeln besteht; was ja eigentlich normal ist. Ist man jetzt nicht regelsicher, kann einem das so richtig aus der Spur werfen. Oft habe ich erlebt, dass mich Leute während des Turniers gefragt haben: „Du sag mal, der Xxxxxx hat behauptet dass, … Wie ist das eigentlich?„ Wer also unsicher ist und sich dann noch unrichtige Dinge einreden lässt, ist mental sicher nicht mehr gut drauf.

Beispiel gefällig: Der Pfeil prallt vom Geweih ab und steckt in der Scheibe. Ein Teilnehmer behauptet sehr überzeugend, dass dieser Pfeil nicht zählt. Wenn ich mich nun nicht auskenne, bin ich benachteiligt. Lösung: Obwohl das in den Regeln der IFAA nicht geregelt ist, zählt der Pfeil. Sollte er dennoch nicht gezählt werden, sollte man sich die Situation merken, dazu noch die Aussagen der Gruppenmitglieder dazu protokollieren und unterschreiben lassen und nach der Runde einen Protest einbringen.

Um diese Atmosphäre zu erleben, sollte man schon im Vorfeld solche Turniere schießen und versuchen, sich so zu verhalten, wie bei der großen Meisterschaft. Übung macht auch hier den Meister; im Umgang mit ungewohnten Situationen.

Tipp 6: Versuche deine Entfernungen zu bestimmen

Wer instinktiv schießt, sollte wissen, ab welcher Entfernung dieses Zielsystem nicht mehr funktioniert. Diese Entfernung begrenzt den persönlichen Schussbereich.
Wer Gap Shooter ist, sollte wissen, bis zu welcher Entfernung er instinktiv schießt und ab welcher er auf Gap Shooting umsteigt. Auch sollte der Punkt bekannt sein, ab dem auch dieses Zielsystem nicht mehr funktioniert.
Auch sollte man in der Lage sein, diesen Punkt gefühlsmäßig (nicht in Metern) zu schätzen. Z.B.: das ist innerhalb oder außerhalb meines persönlichen Schussbereichs.

Tipp 7: Lege dir ein einfaches Vorgehensmodell zurecht

Bei Turnieren der IFAA gibt es bekanntlich Targetgruppen (IV: bis 18 m, III: bis 31 m, II: bis 41 m, I: bis 54 m). Wenn man die kennt, hat man schon einen großen Vorteil. Ich möchte euch hier mein sehr einfaches Vorgehensmodell vorstellen. Und ich muss sagen, das hat wirklich funktioniert. Das hat natürlich viel mit Taktik zu tun. Taktik verstehe ich hier als das Ausgleichen von Schwächen. Ich könnte die Situationen 5.000 Mal trainieren, oder aber auch diese Taktiken anwenden. Zweiteres ist einfacher! Ich muss vorausschicken, dass ich in der Regel instinktiv schieße. Nur in einigen Fällen wechsle ich die Zieltechnik.

Bei Gruppe IV: Hier habe ich immer etwas tiefer geschaut (gezielt), weil ich hier tendenziell immer etwas zu hoch schieße.

Bei Gruppe III: Da konnte ich genau auf den Punkt schauen (zielen), den ich treffen wollte. Hier hat mein instinktives Zielsystem sehr gut funktioniert.

Bei Gruppe II: Auch hier konnte ich genau auf den Punkt schauen (zielen).

Bei Gruppe I: Mein persönlicher Schussbereich ging bis etwa 48 m. Diesen Bereich konnte ich relativ genau gefühlsmäßig abschätzen. Nur „bin ich innerhalb oder außerhalb„ war für mich wesentlich, nicht die genauen Meter.

Hier hatte ich zwei Möglichkeiten. War ich gefühlsmäßig der Meinung, dass es nicht ganz Maximum war, dann habe ich nur auf die Rückenlinie geschaut (gezielt), da ich wusste, dass mein Pfeil tiefer treffen würde. War ich der Meinung, dass die Scheibe auf Maximum (54 m) steht, was z.B. in Südafrika oder in Italien fast immer der Fall war, habe ich für diesen einen Schuss auf Systemschießen umgestellt. Mein Nullpunkt (wenn die Pfeilspitze genau im Ziel gehalten werden kann) lag genau bei dieser Entfernung. Ich habe mich dann nur mehr auf eine saubere Schusstechnik (Auszug, Rückenspannung, Lösen) konzentrieren müssen. Hier kannst du dann Punkte holen.

Tipp 8: Nimm genügend Material zur Reparatur mit

Vor allem wer mit Holzpfeilen schießt, sollte auf das Schlimmste gefasst sein. Nimm also genügend Spitzen und Federn mit, damit du im Notfall auch während des Turniers das eine oder andere noch herrichten kannst. Wer in der Angst zu wenige Pfeile zu haben, unterwegs ist, wird zwangsläufig mental nicht auf der Höhe sein.

Tipp 9: Genug Pfeile mitnehmen

Auch sollte man genügend Pfeile mitnehmen. Mit 24 wird man üblicherweise das Auslangen finden. Erkundige dich vorher, in welcher Gegend das Turnier stattfindet. Ist es sehr steinig, sollte man etwas mehr einplanen. Ich kann mich an eine EBHC in Portugal erinnern, da hatten einige Schützen schon am ersten Tag 36 Pfeile geschrotet und mussten mit UPS neue kommen lassen.

Tipp 10: Psychologie

Beschäftige dich etwas mit Sportpsychologie. Das kann dir selbst helfen, dich aber auch davor schützen, dass dich jemand absichtlich verunsichern möchte.
Einige Beispiele:

Du bist in einem Tief. Hier könnte man sich sagen, ich konzentriere mich nur auf die Technik, die Punkte sind mir egal (schwierig, aber wirksam). Das hat mich bei einer EBHC am letzten Tag vom 16. auf den 3. Rang vorgebracht.

Jemand versucht dich bewusst positiv zu bestärken: „Wenn du so weiter machst, gewinnst du„, „Wenn du den triffst, liegst du vor mir„, „Heute bist du super drauf„, etc. In diesem Fall sollte man den Kollegen höflich bitten, das zu unterlassen.

Jemand spricht mit sich selbst, aber so, dass du das hörst: „Der ist weiter als ich dachte„, „Hier hat der Parcourssetzer aber einen Trick angewandt„ etc. Man sollte erkennen, dass es Absicht ist.

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